Zum Bild (v.l.n.r.): Die Referenten Anke Humpeneder-Graf und Prof. Dr. Dominique Moisl mit der Stiftungsratsvorsitzenden Susanne Fischer und dem Bürgerhausleiter Michael Fischer.

 

Die Erfahrungen des Bürgerhauses Landshut und die fachliche Sicht

Von zwei Seiten wurde die Arbeit des Bürgerhauses Landshut beim Stifterforum 2015 beleuchtet: Zum einen aus der Sicht der Handelnden vor Ort beim Jahresrückblick, der im Zentrum der vor allem an die Stifter adressierten Rechenschaftsablage der Stiftungsvorsitzenden Anke Humpeneder-Graf stand.  Und zum andern aus der fachlichen Sicht, die Prof. Dr. Dominique Moisl einbrachte, der sich am Lehrstuhl Soziale Arbeit der Hochschule Landshut vor allem mit Sozialplanung und Sozialforschung beschäftigt.

Interessant war das nicht zuletzt auch für die Protagonisten des Bürgerhauses: „Wir haben festgestellt, dass wir manches vom ursprünglichen Konzept anpassen müssen, um unsere Ziele umsetzen zu können. Und da waren wir sehr gespannt, wie das aus fachlicher Sicht beurteilt wird“, so Anke Humpeneder-Graf, die Vorsitzende der Bürgerstiftung. Und weiter: „Es ist erstaunlich, wie sehr sich unsere Erfahrungen mit dem decken, was Herr Professor Moisl auch seine Studenten lehrt und in der Forschung festgestellt hat: Nämlich, dass es wenig zielführend ist, die einzelne Person, das einzelne Kind herauszunehmen und zu behandeln. Sondern viel besser, die Menschen sich in der Gemeinschaft weiterentwickeln zu lassen. Wir haben in den zweieinhalb Jahren, seit das Bürgerhaus geöffnet hat festgestellt, dass sich zunehmend die niedrigschwelligen Angebote bewähren. Sie werden besser angenommen und wirken kontinuierlich und langfristig, auch nachhaltig, auf die Entwicklung der Bevölkerung.“

Ziel des Bürgerhauses sei es ja, den Menschen im Quartier eine Perspektive zu geben, sie zu mobilisieren, sie zu ermutigen, sich zu helfen und helfen zu lassen, ihre sozialen Kompetenzen zu entwickeln, kurz, die Gemeinschaft zu stärken. Sozialraumorientierte Arbeit, so definierte Moisl, ziele nicht auf die Besserung von Menschen, auf die zielgerichtete Veränderung ihrer Lebensgewohnheiten oder erzieherische Intervention bezüglich ihrer Kommunikationsstile, sondern auf konkrete Verbesserung der Lebensbedingungen der Wohnbevölkerung in einem Wohnquartier unter aktiver Beteiligung der betroffenen Menschen. Nur so könne langfristig die gestaltungspessimistische, resignativ apathische Grundhaltung der Erwachsenen aufgebrochen werden, sodass die Entwicklungsdefizite der Kinder gar nicht erst so groß werden könnten.

Zentrale Aspekt sei, dass die Menschen in ihrer Umwelt weiterentwickelt würden, dabei müsse dem Eigensinn der Adressaten Rechnung getragen werden, d.h., dass es oft nicht zielführend sei, ihnen bürgerliche Idealvorstellungen überstülpen zu wollen, sie müssten vielmehr dort abgeholt werden, wo sie stünden. Dafür müsse der Anbieter offen für den Wandel sein und die Angebote nach den Bedarfen der Menschen vor Ort weiterentwickeln. Dafür sprach er der Bürgerstiftung großes Lob aus.  

Nach einer lebendigen Diskussion, nicht zuletzt zur wachsenden Rolle des Bürgerhauses angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation, bot Michael Fischer, Diplom-Pädagoge (univ.) und Leiter des Bürgerhauses, noch Führungen durch das Haus und die einzelnen Gruppenräume an.